Personale und soziale Kompetenzen („PeSo“)

Die anderen und sich selbst anschauen – im Spiel entdecken, dass Verschiedenheit ein Reichtum und eine Herausforderung zugleich ist.

Die PeSo-Formel in Wort und Bild

Viele intensive Jahre sind nun schon ver­gan­gen, seit die ersten Gedan­ken zu einem Unter­richts­fach aus­ge­spro­chen und for­mu­liert wur­den, in dem per­so­na­le und so­zia­le Kom­pe­ten­zen im Vor­der­grund ste­hen sollen.

Seit dem Schul­jahr 2009/10 ist das Fach Per­so­na­le und So­zia­le Kom­pe­ten­zen, kurz PeSo, im Unter­richt des MWG ver­an­kert, zu­nächst als Wahl­unter­richt, dann, ab dem Schul­jahr 2014/15, in festen, sog. PeSo-Klas­sen in der 5. und 6. Jahr­gangs­stufe. Sei dem Schul­jahr 2018/19 ist PeSo als pro­fil­bil­den­des Ele­ment fest in den Fächer­ka­non des neu­en Gym­na­si­ums am MWG über­nom­men, d.h. dass alle Kin­der, die das MWG be­su­chen, im Rah­men der für die Unter­stufe vor­ge­sehe­nen Pro­fil­stun­den eine Unter­richts­stun­de PeSo in der Woche haben. Diese Stun­de ist fest in die Stun­den­ta­fel des Gym­na­si­ums in­te­griert und be­deu­tet somit keine zu­sätz­liche Stun­de im Ver­gleich zu den Stun­den­ta­feln ande­rer Schu­len.

Berichte aus dem Fachbereich PeSo

Entstehungs­ge­schich­te und Selbst­ver­ständ­nis des Fachs PeSo

Begonnen hat alles mit der Nach­richt, dass am MWG Modell­klas­sen ein­ge­rich­tet wer­den, in dem be­son­ders be­gab­te Schüler­innen und Schü­ler in einer Klas­sen­ge­mein­schaft zu­sam­men­ge­fasst sind. Ziem­lich schnell kam in diesem Zu­sam­men­hang in uns der Ge­dan­ke auf, dass Be­ga­bung nicht nur auf den Leis­tungs­be­reich re­du­ziert wer­den kann, son­dern sich Be­ga­bung auch in einer be­son­deren Ver­ant­wor­tung für Per­son, Welt und Gesell­schaft nie­der­schlägt.

Getragen von dieser Idee bega­ben wir uns auf Ideen­su­che durch die euro­pä­i­sche Bil­dungs­land­schaft. Wir stie­ßen auf Unter­richts­fächer, die „Glück“, „KUS“, „KoSo“, „Patoral Care“ oder tat­säch­lich auch „PeSo“ hießen. Wir fan­den her­aus, dass da­bei ganz unter­schied­liche Din­ge im Vor­der­grund dieser Fächer ste­hen. Mal waren es Kom­mu­ni­ka­tions­stra­te­gien, dann einfach le­bens­prak­ti­sche Din­ge, die das „Über­le­ben“ am Gym­na­si­um sichern soll­ten, und schließ­lich ganz vie­le Pro­jek­te, die das so­zia­le En­ga­ge­ment in in­di­vi­du­ellen Her­aus­for­de­rungen be­för­dern sollten.

Die Förderung von sozialer und emotionaler Begabung ist weder Beiwerk noch Draufgabe und schon gar nicht Kompensation von Defiziten. Sie steckt den Rahmen ab, in dem das „andere“ Lernen Relevanz erhält.

Renate Wustinger

Aus dieser Fülle von Vorlagen und An­sätzen zu einem sol­chen Unter­richts­fach, aus den Fort­bil­dun­gen und Zerti­fi­zie­rungen durch Frau Dr. Renate Wus­tin­ger im Fach KoSo in Zu­sam­men­ar­beit mit dem Wied­ner-Gym­na­si­um und der Päda­go­gi­schen Hoch­schule in Wien, eige­nen Stu­dien und Ver­öffent­lich­ungen und nicht zuletzt aus unseren Erfah­rungen als Gym­na­sial­lehr­kräf­te in allen Jahr­gangs­stu­fen und in der Haus­auf­ga­ben­be­treu­ung der Stu­dier­zei­ten des Inter­nats, haben sich für uns fol­gen­de Leit­ge­dan­ken für das Fach „PeSo“ er­schlossen:

  • Offenheit (Jeder kann es lernen – Jeder kann es lehren)
  • Reduktion (Anpassung des Fachwissens an die Zielgruppe)
  • Animation (Das Spiel als Formatvorlage für das Leben)
  • Reflexion (Inwiefern bin ich betroffen)
  • Variation (Änderung im und Eingriff in den Spielverlauf)
  • Moderation (An welchem Punkt kann die Lehrkraft sich zurückziehen?)
  • Situation (Was braucht die Zielgruppe im Augenblick?)
  • Wiederholung (Welche Inhalte können und müssen noch einmal aufgegriffen werden?)

Oder etwas ausführlicher formuliert:

  • Die Öffnung des sozialen und personalen Lernens für alle Schülerinnen und Schüler, also nicht nur für die sog. „Hochbegabten“ oder Modellklassenschüler.
  • Die „fachliche“ Offenheit des Lehrplans, so dass jede Lehrkraft in den PeSo-Unterricht einsteigen kann, unabhängig vom Fach, das sonst unterrichtet wird. Damit soll auch gewährleistet sein, dass jede Kollegin und jeder Kollege, die/der sich an PeSo heranwagt, Elemente des besonderen Lernens aus dem Blickwinkel ihres/seines Fach mit einbringen kann und muss.
  • Die Betonung des „miteinander Spielens“ als Einstiegselement für eine soziale Reflexion.
  • Die altersgerechte Andeutung einer Theorieebene aus Pädagogik, Psychologie und Philosophie, die sich hinter den Reflexionsebenen verbirgt.
  • Die Etablierung eines Unterrichtsfachs ohne Notendruck, Arbeitsblätter und Heftführung.
  • Der kontinuierliche Austausch von Kolleginnen und Kollegen im Gespräch untereinander im Sinne einer schulinternen Supervision und die Möglichkeit zur ständigen Fortbildung im pädagogischen Bereich.

Um dennoch eine einheit­liche Rich­tung ein­zu­schla­gen, haben wir einen PeSo-Lehr­plan für unsere Schu­le ent­wi­ckelt, der bewusst Inhal­te auf­greift, die auch in vielen ande­ren Fächern am Gym­na­si­um be­han­delt wer­den, aber auch sol­che be­in­hal­tet, die sonst zu kurz kom­men. PeSo orien­tiert sich dabei an den fächer­über­grei­fen­den Ele­men­ten des Lehr­plans und an den schul­art- und fächer­über­grei­fen­den Bil­dungs- und Erzie­hungs­zie­len sowie an den Aspek­ten All­tags­kom­pe­tenz und Lebens­öko­no­mie, die auch im Lehr­plan­PLUS für das Bay­er­ische Gym­na­si­um noch stär­ker ver­wirk­licht wer­den. PeSo hat sich dem­nach zu einem Fach im Rah­men des bay­er­ischen Gym­na­sial­lehr­plans ent­wi­ckelt, aber auch aus­drück­lich zu einem Fach ohne Noten­druck und Aktions­zwang, was die Schüler­innen und Schüler sehr ge­nießen, da es um sie als Per­son und als Teil einer Grup­pe geht und nicht um sie als Leis­tungs­träger.

Der von uns über die Jahre entwi­ckel­te Lehr­plan sieht für die 5. und 6. Jahr­gangs­stu­fe auf Halb­jah­re bezo­gen fol­gen­de Ele­men­te vor:

  • 5.1: Wir lernen uns und unsere Schule kennen
  • 5.2: Wir gehen miteinander um
  • 6.1: Wir lernen genau zu beobachten
  • 6.2: Wir orientieren uns in unserer (Medien-)Welt

Im Rahmen dieser Vorga­ben gibt es sie den­noch – und es soll sie auch geben – die Kin­der im PeSo-Unter­richt, die mit den Inhal­ten zu­nächst nur wenig an­fan­gen kön­nen. Für sie gilt immer „Du kannst das NOCH nicht“ oder „Du kannst das JETZT nicht“ als Grund­prin­zip unseres Unter­rich­tens. Beson­ders schön ist es für uns, wenn diese Kin­der plötz­lich doch aus der Ecke der Beo­bach­ter he­raus­kom­men und mit­spie­len, mit­re­den und mit­ge­stal­ten wol­len. Nicht ver­ges­sen dür­fen wir, dass auch vieles durch Be­o­bach­ten der anderen und Nach­den­ken über das Ge­se­hene und Ge­hör­te erfah­ren und er­lernt wird, so dass viel­leicht erst in der Rück­schau deut­lich wird, was PeSo ver­än­dert hat.

Viele Impulse haben wir in den letzten Jah­ren von den Kin­dern bekommen, die auf die eine oder andere Art ihre Un­zu­frie­den­heit zum Aus­druck ge­bracht haben, von den Kin­dern, die mit Be­geis­te­rung über das Fach sprechen, und von uns Lehr­kräf­ten, die wir im­mer am Profil des Faches fei­len, um es stetig noch ein biss­chen besser zu machen.

PeSo bringt die Einsicht zum Ausdruck, dass Bildung ein Prozess der Identitätsfindung ist und keine reine Weitergabe von Wissen.

Matthias Pflaum

Kennenlerntage der 5. Klassen

Die Kennenlern­tage der 5. Klas­sen die­nen dazu, sich inten­si­ver zu be­schnup­pern als es im Schul­all­tag je mög­lich wäre. Mit dem Team der PeSo-Lehr­kräf­te und Klass­lei­ter­Innen stei­gen die Schüler­innen und Schüler mit vielen Spie­len, Auf­ga­ben und He­raus­for­der­ungen in die Berei­che Wahr­neh­mung, Ko­opera­tion und Kom­mu­ni­ka­tion ein, um an­schlie­ßend in der Re­flex­ion darü­ber Neues über sich, die Mit­schü­ler­Innen und ihre Klas­sen­ge­mein­schaft erfah­ren und erle­ben zu können.

Erklärvideos – Was ist PeSo?

Das Fach PeSo sollte gelebt werden, auch außer­halb der Schule. Um Eltern die Mög­lich­keit zu geben, mit ihrem Kind ge­mein­sam die Wir­kung­en des PeSo-Unter­richts auch gewinn­brin­gend in den fami­li­ären All­tag zu brin­gen, hat PeSo-Leh­rer Tho­mas Stieg­ler die für ihn we­sent­lichen Punk­te ein­mal in den fol­gen­den Er­klär­vide­os zu­sam­men­ge­stellt. Andere Lehr­kräf­te kön­nen aber auch etwas andere Schwer­punk­te setzen.

Inhalte PeSo-Unterricht

Unterrichtsinhalte einer PeSo-Gruppe

DRAMA-Dreieck

Wenn wir es schaffen, das DRAMA-Dreieck schnell zu stoppen, dann kann unser Leben viel leichter werden.

Feedback-Burger

Der Feedback-Burger wird bereits ganz am Anfang des PeSo-Unter­richts ver­mit­telt, weil er sehr ge­winn­brin­gend auch in allen ande­ren Fächern ein­ge­setzt wer­den kann.

Gruppen-Rang-Dynamik

Bei der Gruppen-Rang-Dyna­mik nach Raoul Schind­ler unter­schei­det man vier ver­schie­dene Rollen bzw. Posi­tio­nen: Alpha – Beta – Gamma – Omega. Dabei han­delt es sich nicht um Cha­rak­ter­ei­gen­schaf­ten, son­dern um Rol­len und Posi­tio­nen, zwi­schen de­nen man sehr schnell hin- und her­wech­seln kann.